Gedanken zur „Taufe“
„Welchen Namen haben Sie Ihrem Kind gegeben?“ – Meist beginnt mit dieser Frage an die Eltern die Feier der Kindertaufe. Die Frage erinnert an ein Wort aus dem Buch des Propheten Jesaja. Dort heißt es: „So spricht der Herr, der dich geschaffen hat, Jakob, und der dich geformt hat, Israel: Fürchte dich nicht, denn ich habe dich ausgelöst, ich habe dich bei deinem Namen gerufen, du gehörst mir.“ (Jesaja 43, 1) Diese Zusage Gottes an Israel steht auch über der Feier der Taufe. Gott ruft uns mit unserem Namen. Sicher, die Eltern suchen den Namen aus und melden ihr Kind entsprechend beim Standesamt an. Aber diese Frage an die Eltern am Anfang der Taufe will eben genau daran erinnern, dass wir Menschen Geschöpfe Gottes sind. Er ist es, der uns ins Leben ruft; er ist es, der uns letztlich unseren Namen verleiht. Die Botschaft ist: Jeder und jede von uns ist einmalig, unwiederholbar, eine unverwechselbare Persönlichkeit. Wir sind keine Nummern, sondern tragen einen Namen. Damit schenkt Gott uns sein Ansehen und verleiht uns unsere Würde! Dies ist ein Zuspruch, der jedem Menschen gilt – vom ersten Augenblick seines Daseins an – und der sich konkretisiert in der Namensgebung. Diese Zusage Gottes, die schon im Ersten Testament, in der Geschichte Gottes mit Israel erfahrbar wird, wird durch Jesus Christus weitergeführt und vertieft. In Jesus wird Gott selber Mensch. Wir feiern dies jedes Jahr in der Weihnacht. Welche Würde kommt uns Menschen zu, wenn Gott selber in unsere Lebenswirklichkeit eintaucht? In seiner Menschwerdung sucht Gott die tiefe Gemeinschaft mit uns Menschen bis hinein in das Leid und in den Tod. Jesus Christus leidet und stirbt an Kreuz. Doch der Tod behält nicht das letzte Wort. Jesus überwindet den Tod und öffnet sich und uns das Tor in ein Leben, das über den Tod hinausgeht und kein Ende kennt. Wir feiern dies an Ostern. Zu Beginn der Taufe wird an diese grundlegende Zusage Gottes erinnert. Die Eltern, die ihr Kind zur Taufe tragen und der Erwachsene, der um die Taufe bittet, antworten darauf. Mit der Bitte um die Taufe bringen sie ihren Wunsch zum Ausdruck ganz zu Jesus Christus zu gehören, der für uns Menschen gestorben und auferstanden ist. Im Leben Jesu spielte die Taufe eine ganz zentrale Rolle. Die Evangelien erzählen davon. Johannes der Täufer forderte die Menschen auf, sich zu Gott zu bekennen und ihr Leben nach ihm auszurichten. Zeichen dieses Bekenntnisses war die Taufe im Jordan, einem Fluss in Israel. Johannes tauchte die Menschen unter und holte sie wieder nach oben – eindrückliches Zeichen eines neuen Anfangs. Auch Jesus hat sich von Johannes taufen lassen. Als er untergetaucht und wieder nach oben geholt wurde, öffnete sich – so lesen wir es in den Evangelien – der Himmel, der Heilige Geist kam in Gestalt einer Taube auf ihn herab, und eine Stimme aus dem Himmel sprach: „Dies ist mein geliebter Sohn, an dir habe ich Gefallen gefunden.“ (Markus 1, 9-11 par.) – Für Jesus war die Taufe zugleich eine zeichenhafte Vorwegnahme seines Weges. Das Untertauchen steht für seinen Tod am Kreuz und das erneute Auftauchen für seine Auferstehung.
So wurde die Taufe nach Jesu Tod und Auferstehung zum eindeutigen Zeichen der Zugehörigkeit zu Jesus Christus. Der Weg Jesu vom Tod in die Auferstehung wird zeichenhaft an jedem Menschen, der zu Christus gehören, der Christ werden will, vollzogen. Die Zusage, die schon mit dem „Beim-Namen-Gerufen-Sein“ verbunden ist, wird in der Taufe noch vertieft. Gott schenkt uns Ansehen und Würde und eine Perspektive, die über den Tod hinaus recht.
Natürlich würde dies ganz deutlich erfahrbar, wenn wir auch heute – wie in der frühen Kirche – den Täufling bei der Taufe ganz ins Wasser tauchen und wieder nach oben holen würden. In manchen Kirchen geschieht es auch so. Aber auch wenn bei uns die Taufe nur vollzogen wird, indem wir dreimal etwas Wasser über den Kopf gießen, verliert sie doch nichts von ihrer Bedeutung: Wir werden hineingenommen in die Lebensgemeinschaft mit Jesus Christus, der für uns gestorben und auferstanden ist. Wie bei der Taufe Jesu empfängt der Täufling die Zusage geliebter Sohn, geliebte Tochter Gottes zu sein und wird ein erstes Mal mit der Gabe des Heiligen Geistes beschenkt.
Die kleinen Riten nach der eigentlichen Taufe bringen das zum Ausdruck:
• Die heilende und stärkende Salbung mit kostbarem Chrisam (einer Mischung aus Olivenöl und Balsam) spricht von Gott, der den Täufling in der Seele immer wieder –
• Das weiße Kleid erinnert an das mit der Taufe neu beginnende Leben in und mit Christus, der den Täufling umgibt wie ein helles, leuchtendes Kleid.
• Die Taufkerze übersetzt die Botschaft der Osterkerze in das Leben des Getauften: Wie Jesus als der Auferstandene in seiner Gemeinde lebt und wirkt, und lebt und wirkt er im Leben des einzelnen Getauften.
• Das Wort Effata (dt. Öffne dich!) am Ende der Taufe ist die Aufforderung an den Getauften, das Wort Gottes zu hören und im eigenen Leben zu bekennen und zu bezeugen. „Welchen Namen haben sie ihrem Kind gegeben?“ – In der Taufe wird der Name zum Taufnamen und steht für die große Zusage Gottes: Du bist mein geliebtes Kind. Ich schenke Dir die Kraft des Heiligen Geistes. Du kannst an der Seite Jesu deinen Weg gehen und hast die Perspektive eines Lebens, das über den Tod hinausgeht.